Protestpinkeln gibt es nicht!

Das Wort Protest ist in diesem Zusammenhang völlig falsch. Eine solche Form des Protestes à la „dem Menschen zeig ich es aber und pinkel ihm aufs Bett“ kennen Katzen nicht. Aus diesem Grund fange ich mit einer kleinen Einführung über das Verhalten von Katzen an.

Anders als bei uns Menschen dienen Urin und Kot den Katzen auch als Kommunikationsmittel. In der freien Natur werden damit Grenzen geruchlich signalisiert und verschiedene Botschaften wie zum Beispiel ein „ich war da“ oder „ich bin rollig“ hinterlassen. Letzteres erfolgt meisten in Form von Harnmarkieren, dazu spritzt eine Katze etwas Urin stehend (!) an eine Wand, einen Baum oder ähnliches.

Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass Katzen ihren Urin und Kot nicht wie wir Menschen generell „eklig“ finden. Er stört sie nur dann, wenn er nicht am „richtigen“ Ort platziert ist.

Wenn eine Katze – egal, ob Wohnungskatze oder Freigänger – unsauber wird, dann gibt es immer eine Ursache. Diese ist kein Protest sondern eine Mitteilung an uns. Diese Mitteilung kann entweder direkt oder indirekt sein, unsere Aufgabe ist es, mittels Ursachenforschung den Grund herauszufinden.

Wichtig! Bitte nehmen Sie die Unsauberkeit in keinem Fall persönlich, denn Ihre Katze zeigt dieses Verhalten nicht um Sie zu ärgern. Am besten beseitigen Sie die Hinterlassenschaften ruhig und kommentarlos. Wenn der Grund gefunden ist, kann er beseitigt werden und alles ist wieder im Lot.

Allererste Maßnahme bei Unsauberkeit von Katzen

Der erste Weg führt immer zum Tierarzt! Als erstes muss immer eine körperliche Ursache ausgeschlossen werden - unsere Katzen sind Meister im Verstecken von Krankheitssymptomen. Auch dieses Verhalten ist fest in ihrer Natur verankert, eine kranke Katze wird von anderen Katzen anders behandelt, weil sie „schwach“ ist. Es gibt unzählige Fallbeispiele von Katzen mit Blasenentzündung oder Harngries, die teilweise jahrelang unsauber waren. Ihr Mensch glaubte, sie seien gesund! Deswegen die dringende Bitte: Lassen Sie bei Unsauberkeit Ihrer Katze immer als erstes den Urin untersuchen.

Erst wenn ein Tierarzt keine körperlichen Erkrankungen feststellen kann, beginnt die Ursachenforschung.

Welche Formen der Unsauberkeit gibt es?

Harnmarkieren: Wie oben schon erwähnt, ist dies ein völlig normales Kommunikationsmittel von Katzen. Es wird in der Regel stehend durchgeführt, bestimmte Wegstellen und markante oder soziale Punkte werden mit etwas Urin bespritzt. Vor allem unkastrierte Katzen, rollige Katzen, freilebende oder Freigänger-Katzen und/oder in großen Gruppen zusammenlebende Katzen markieren auf diese Weise regelmäßig. Kastrierten Wohnungskatzen dagegen reicht meist das Kratzmarkieren und das Verteilen ihrer Duftstoffe (Pheromone) mittels Reiben von Kopf und Körper an prägnanten und sozial wichtigen Gegenständen und Ecken. Jenseits des Harnmarkierens wird die Katzentoilette normal genutzt.

Unsauberkeit Urin: Der Unterschied zum Harnmarkieren liegt zum einen in der hockende Position beim Urinieren und zum anderen in der Harnmenge. Der gesamte Blaseninhalt wird an der gewählten Stelle hinterlassen.

Unsauberkeit Kot: Der Kot wird außerhalb der Katzentoilette hinterlassen.

Diese Unterscheidungsformen sind wichtig, weil sie erste Hinweise für die Ursachenforschung geben.

unsauberkeit21. Ursachenbereich: Die Katzentoilette

Eine sehr häufige Ursache für Unsauberkeit jeglicher Art ist die Toilette selbst. Eine neue Streu, ein Schreckerlebnis auf dem Klo durch lauten Knall von draußen, eine veränderte Position oder auch ein nicht ausreichend gereinigtes Klo können die Ursache für Unsauberkeit sein. Deswegen ist es sinnvoll, diesen Bereich gründlich zu überprüfen und einiges auszuprobieren, bevor man sich den anderen Bereichen zuwendet.

Die auf Verhalten spezialisierte Tierärztin Sabine Schroll hat das sehr gut in ihrem „Katzenklo – Survival – Guide“ auf den Punkt gebracht:

Katzenklomanagement "Katzenklo - Survival - Guide"

Viele wichtige Informationen rund ums Katzenklo finden Sie auch in meinem Artikel:

Katzenklo

Bitte gehen Sie nicht davon aus, dass etwas das jahrelang auf eine bestimmte Weise gehandhabt wurde, die Katze heute nicht plötzlich stört. Das kann eine neue Streu sein, die für Sie vielleicht günstiger ist, für Ihre Katze aber den „Weltuntergang“ bedeutet. Ähnliches gilt auch für neue Putzmittel, die Sie zum Reinigen des Klos verwendet haben oder auch nur, dass das bekannte Streu auf einmal mehr staubt.

2. Ursachenbereich: Störungen und Missempfinden auf der Katzentoilette

Katzen wollen bei ihrem „Geschäft“ ungestört sein. Sie fühlen sich während der Sitzung verwundbarer, weil sie beschäftigt sind und nicht sofort einen Angreifer abwehren könnten. Das gilt auch für Wohnungskatzen, die ihr natürliches Verhalten auch im Haus zeigen.

Missempfindungen: Damit sind körperliche Störungen gemeint. Wenn Ihre Katze zum Beispiel gerade Kot absetzt und etwas im Kot piekst sie dabei, dann ist ihre natürliche Reaktion die Flucht. Die Folge: Sie finden den Kot verteilt in Ihrer Wohnung. Eine weitere Folge kann sein, dass Ihre Katze diese Toilette für den Kotabsatz in Zukunft meidet, weil sie den Schmerz mit der Toilette und nicht mit dem Kotabsatz als solchen verbindet. Gleiches gilt auch fürs Urinieren. Blasenentzündungen sind sehr schmerzhaft beim Harnabsatz, die Katzenlogik könnte ein Meiden des Klos sein, weil „es“ ja Schmerzen verusacht.

Störungen von außen: Hier ist alles mögliche denkbar. Angefangen von einer anderen Katze, die sie dort belauert; gleiches gilt auch für kleine Kinder, die die Katze auf der Toilette bedrängen; eine rumpelnde Waschmaschine, ein pfeifendes Warmwasserrohr oder andere Dinge. Eine Katzentoilette mit Haube oder ein Standplatz der Toilette in der Wohnung, bei dem die Katze sich dauernd durch vorbeigehende Personen gestört fühlt - das alles kann bei Ihrer Katze zur Wahl eines anderen Ortes für ihre Geschäfte führen.

3. Ursachenbereich: Veränderungen im Leben der Katze

Katzen sind Gewohnheitstiere und haben gerne einen geregelten Tagesablauf. Kleine positive Überraschungen sind willkommen, aber größere können ihr Sicherheitsgefühl empfindlich beeinträchtigen. Im Folgenden finden Sie eine Liste von Veränderungen, die bei anderen Katzen zu Unsauberkeit geführt haben:

  • Umzug – Revierwechsel
  • andere Anwesenheitszeiten des Menschen bei Arbeitsplatzwechsel
  • neuer Lebenspartner
  • Familienzuwachs – ein Baby wurde geboren oder ein Hund zog ein
  • ein Familienmitglied, das für die Katze wichtig ist, zieht aus
  • eine neue Katze zieht ein
  • Gerüche neuer Möbel
  • Straßenbaulärm
  • Katze bleibt zu lange alleine
  • Katze ist unterfordert oder gelangweilt
  • sehr lautes Musikhören des Menschen
  • Mensch ist besonders gestresst oder traurig
  • Tod oder Wegzug eines Katzenkumpels
  • Ärger im Revier bei Freigängerkatzen
  • Stress in der Katzengruppe bei Wohnungskatzen
  • Verhaltensveränderungen des Menschen zu seiner Katze
  • Renovierungsarbeiten in der Wohnung
  • und noch vieles mehr!


Diese Liste kann noch endlos weitergeführt werden. Es läuft aber immer auf einen Punkt hinaus: Ihre Katze ist gestresst oder verunsichert und reagiert auf ihre eigene Art darauf. Sie teilt Ihnen durch ihre Unsauberkeit mit, dass da etwas ist, was sie ängstigt.

Ein möglicher Grund kann sein, dass Ihre Katze ihren körpereigenen Geruch in ihrem Lebensumfeld verstärken will. Katzen markieren tagtäglich ihr Revier durch Kratzmarkieren und durch Reiben ihres Körpers an Gegenständen mit ihren Geruch, erst wenn es für ihre Katze nach ihr selbst – oder im Falle von mehreren, nach dem Gruppenduft ihrer Katzengruppe -  riecht, fühlt sie sich sicher und geborgen. Eine verunsicherte Katze kann mit der Verstärkung ihres Duftes – eben durch den Geruch ihres Urins – reagieren. Ein anderer möglicher Grund kann eine Botschaft mit dem „Katzenduft“, eine Botschaft an den neuen Freund, an die neue Katze oder an Sie sein. Welche Botschaft es ist, gilt es herauszufinden.

4. Ursachenbereich: Katze kennt keine Katzentoilette

Bei Katzen, die auf der Strasse gefunden wurden und bei von einem Bauernhof stammen kann es sein, dass diese Katzen noch nie eine Katzentoilette gesehen haben oder in ihrer Kindheit auf eine andere „Kloform“ geprägt wurden. Als erstes gilt es herauszufinden, was für ein Material diese Katze bisher als Toilette nutzte. Oftmals handelt es sich um Sand, Erde, alte Decken im Stall, Papier oder ähnliches. Wenn man weiß, was sie als Kloeinlage bevorzugt, sollte das neue Katzenklo damit gefüllt werden. Sobald sie nun dieses Toilette als solche akzeptiert, mischt man nach und nach Katzenstreu bei, bis sie ein reines Katzenstreuklo akzeptiert. Dies kann auf jeden Fall mehrere Wochen dauern.

5. Ursachenbereich: Die Vorgeschichte Ihrer Katze

Nicht jede Katze hatte eine artgerechte Katzenkindheit, nicht jede Katze zieht im Kittenalter bei uns ein. Solche Katzen bringen ihre Vorgeschichte mit, oftmals ist sie uns auch nicht ausreichend oder gar überhaupt nicht bekannt. Mögliche Ursachen können auch in der Vergangenheit Ihrer Katze zu finden sein. Je mehr Informationen Sie vom vorherigen Halter oder dem Tierheim / der Tierschutzorganisation bekommen können, desto eher haben Sie eine Chance, die genaue Ursache zu erkennen.

unsauberkeit3Lösung des Unsauberkeitsproblems

Als erstes, es gibt selten eine „Sofort-Lösung“. Ihre Katze ist schließlich ein Lebewesen und kein Auto, an dem nur eine Schraube festgezogen werden muss. Wie bisher dargelegt, muss die Ursache für die Unsauberkeit herausgefunden werden, dann kann man eine Lösung erarbeiten.

Wichtig! Bitte vergessen Sie Ratschläge à la „Katze mit der Nase in den Urin tunken“ und schimpfen Sie nicht mit ihr. Eine Bestrafung verschlimmert die Situation nur, denn Ihre Katze hat nichts Falsches gemacht, sie reagiert nur auf ihre katzentypische Art und Weise. Im Gegenteil, wenn Ihre Katze Ihren Ärger spürt, kann es die Unsauberkeit noch verstärken!

Auch weiß eine Katze nach ca. 4 Sekunden nicht mehr, was sie gerade gemacht hat. Wenn Sie nun 1 Stunde später eine Pfütze im Zimmer entdecken und deswegen mit ihr schimpfen, kann die Katze Ihre Handlung nicht mit ihrer eigenen verknüpfen.

Diese 4 Sekunden gelten auch für Lob. Und Lob ist generell und bei diesem speziellen Thema sehr, sehr wichtig! Ein ausgiebiges Lob zur rechten Zeit wirkt bei Ihrer Katze positiv verstärkend, zeigt ihr auf eine angenehme Art und Weise, welches Verhalten erwünscht ist. Mit Lob sollten Sie niemals sparen, Katzen hören und brauchen das genauso wie wir Menschen. Sie loben übrigens richtig, wenn Sie ein zufälliger Zuhörer für verrückt erklärt ob Ihrer Überschwenglichkeit. Also Loben Sie, was das Zeug hält, wenn Ihre Katze die Katzentoilette benutzt hat, und zwar innerhalb von 4 Sekunden nach dem Klogang.

Letztendlich lassen sich fast alle Ursachen auf einen Nenner bringen: Ihre Katze ist gestresst oder verunsichert. Und alles Schimpfen, Ärgern oder gar Bestrafen von Ihrer Seite vergrößert diesen Stress. Dies führt wiederum zu vermehrter Unsauberkeit.

Falls der Tierarzt eine körperliche Ursache feststellt, wird diese medizinisch behandelt und in der Regel ist Ihre Katze dann auch wieder stubenrein. Falls sie jedoch vollkommen gesund ist, gilt es den Grund des Stresses Ihrer Katze herauszufinden. Die auf Verhalten spezialisierte Tierärztin Sabine Schroll hat es in einem sehr treffenden Satz auf den Punkt gebracht:

Think Cat – Denke wie eine Katze


Häufig empfiehlt es sich, den Rat eines Profis einzuholen. Zum Beispiel den eines auf Katzenverhalten spezialisierten Tierarztes oder eines guten Katzentherapeuten. Zum einen ist ein Außenstehender nicht „betriebsblind“ wie Sie selbst als Betroffene, zum anderen verfügt er über ein sehr großes Fachwissen und erkennt meistens viel schneller die Ursache. Sie sparen damit eine Menge Zeit, Geld und vor allem Nerven - nicht nur Ihre, sondern auch die Ihrer Katze.

Er zeigt Ihnen nicht nur die Ursache, er hilft Ihnen auch bei der Bewältigung und gibt Ihnen – falls der Grund es erforderlich macht – einen Therapieplan an die Hand. Außerdem steht er Ihnen immer wieder bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite.

In manchen Fällen ist auch eine unterstützende medikamentöse (Homöopathie, Bachblüten, Psychopharmaka) Therapie erforderlich, weil eine reine Ursachenabstellung nicht ausreichen würde. Diese sollte durch einen Tierarzt erfolgen, da vorher immer eine gründliche Untersuchung – auch auf das Verhalten bezogen – durchgeführt werden muss.

Neben der Ursachenforschung gibt es noch ein paar weitere Punkte, die sich ergänzend als sehr hilfreich erwiesen haben:

Uringeruch: Die Nase unserer Katze ist ungleich feiner, als unsere menschliche. Wenn wir auf der bepinkelten Stelle keinen Urin mehr riechen, heißt das noch lange nicht, dass das auch für Ihre Katze so ist. Und nach Katzenlogik ist jeder Ort der nach Urin riecht auch ein Klo. Nicht jedes Putzmittel ist wirklich geeignet, den Geruch auch für die feine Katzennase restlos zu tilgen, Ammoniakhaltige Putzmittel können sogar zum Urinieren animieren.

Pheromone: Wie oben schon näher beschrieben, brauchen unsere Katzen ihren Pheromonduft, um sich sicher zu fühlen. Diese Pheromone gibt es auch künstlich als Stecker für die Steckdose beziehungsweise als Spray. Dauerhaft in der Steckdose verbleibend, verteilt ein Sensor die richtige Dosis und viele Katzen fühlen sich sehr schnell sicherer:

Pheromon Feliway

Feliway bekommen Sie in der Tierarztpraxis.

Unsauberkeit an bestimmten Orten: Wenn Ihre Katze sich für einen bestimmten Ort entschieden hat, kann es nach gründlicher Reinigung sehr sinnvoll sein, dort vorübergehend ein Katzenklo aufzustellen. Sollte sie es dort nutzen, ist ein wichtiger Schritt schon getan.

Schutz von Betten und Möbeln: Wenn Ihre Katze akut unsauber ist und sich Ihr Bett, Sofa oder ähnliches ausgesucht hat, dann erleichtert es Ihr Wohlbefinden, wenn Sie diese Gegenstände vorübergehend schützen. Für Bett oder Sofa empfiehlt sich zum Beispiel eine entsprechend große Wachstuchtischdecke – gibt’s am laufenden Meter – die für eine gewisse Zeit Ihre Tagesdecke ersetzt. Teppiche kann man zwischenzeitlich zusammenrollen und erst nach Klärung der Situation wieder ausrollen. Gleiches gilt für Badvorleger.